Und das Programm für heute besteht im Grunde genommen aus drei Blöcken.
Zunächst einmal wollen wir die juristischen Grundstrukturen des hansischen Handelsunternehmens skizzieren,
so wie sie uns im Wesentlichen aus den Archivalien im Archiv der Hansestadt Lübeck hervorgehen.
Und zweitens wollen wir uns mit einer These von Wolfgang von Stromer,
der seinerzeit an der Wiesow-Fakultät Wirtschaftsgeschichte lehrte,
nämlich die Frage stellen, wie modern war das hansische Unternehmen.
Wir werden dann uns die weitergehende Frage stellen, ob das Messen der hansischen Firma
an der von Stromerischen Vorstellung von Modernität nicht eine falsch gestellte Frage ist.
Und wir werden dann drei Leitfragen in kritischer Auseinandersetzung mit von Stromer stellen.
Einmal gab es betriebsintern Anreize für die hansischen Handelsunternehmen,
sich auf eine andere Betriebsstruktur, auf eine andere Betriebsverfassung umzustellen.
Zweitens waren die Betriebe, die es nicht getan haben, in ihrer Existenz gefährdet.
Und drittens gab es einen hansischen Ersatz, also einen eigenständigen, nicht in Oberitalien
und Süddeutschland vorkommenden hansischen Ersatz für die Funktionen, die das süddeutsche Unternehmen erfüllte eben im Norden.
Das sind im Grunde genommen unsere drei Fragen und wir müssen hier jetzt wirklich mit den Grundlagen beginnen.
Wir fangen ungefähr im Jahre 1260 an und merken, dass in den Quellen immer wieder die Rede von einer Wiederlegung,
heißt auch Societas oder Kompany ist. Und die Vorstellung hier ist, Sie sehen zwei Haufen Kohle da, die sind etwas abstrakt dargestellt.
Die Vorstellung ist, zwei Partner schieben sozusagen einen Kapitalstock, einen gemeinsamen Kapitalstock aus individuellen Beträgen
im Verhältnis 1 zu 1 oder 1 zu 2 zusammen und das ist das Handelskapital der Firma.
Die Besonderheit ist, dass nur einer mit diesem Kapital irgendetwas anfängt.
Der geht in die Ferne und treibt Handel mit dem Gesellschaftskapital irgendwo in Riga oder wo auch immer.
Wenn dann wenige Jahre später diese Gesellschaft aufgelöst wird, dann wird der Gewinn 1 zu 1 geteilt.
Es gibt unterschiedliche Regelungen, manchmal ist es gar nicht geregelt, was passiert, wenn die Gesellschaft Verluste macht,
aber das wird wohl in der Zeit mitten im 13. Jahrhundert nicht das große Problem gewesen sein.
Die Handelsgewinne waren so enorm, die Preisunterschiede in Europa waren so gigantisch, man musste schon sehr blöd sein, um Geld zu verlieren.
Das interessante ist, selbst in der Frühzeit merken wir, dass Einkauf man mehrere Gesellschaften gründet oder an mehreren Gesellschaften beteiligt ist.
Der Rekordhalter ist ein junger Mann namens Hermann Moneweg in Lübeck, der hat insgesamt 22 Handelsgesellschaften, an denen er beteiligt war.
Mit unterschiedlichen Partnern, aber er war an 22 beteiligt. Parallel zu dieser Wiederlegung gibt es ein Institut, das nennt sich Sendefee.
Also alle Welt in der alten Welt hat gesagt, das ist Sendefee oder Sendewö, aber Cordes hat herausgearbeitet,
dass die letzten beiden Buchstaben eine Verballhornung von Vieh, die Vorstellung ist, ich schicke dir einfach ein Vieh zum Handeltreiben.
Das Sendewee ist immer parallel zu einer Wiederlegung, sozusagen Huckepack drauf, und schlicht und ergreifend besteht dieses Sendefee-Geschäft darin,
dass ein Handelspartner dem anderen Handelsgüter hinschickt, die auf seine Rechnung und seine Gefahr zu veräußern sind.
Und das Interessante ist, es ist nie ein eigenständiges Rechtsgeschäft, sondern es ist immer Huckepack auf eine Wiederlegung.
Also der Sozius Dormans schickt dem Sozius Traktans Waren, die in seinem Namen und auf seine Rechnung zu veräußern sind.
So, das ist sozusagen die erste Grundstruktur. Die zweite ist ein ganz merkwürdiges Rechtsinstitut.
Cordes, der anerkannte Experte auf diesem Gebiet, ist Jurist und Juristen neigen zu etwas komplizierten Bezeichnungen.
Also er nennt dieses Geschäft eine unbenannte Kommission auf Gewinn und Verlust.
Ich nenne es einfach Sozius Tassoiadon important name, also ohne wichtig turischen Namen.
Wesentlich hier ist, dass im Gegensatz zur Wiederlegung, wo zwei Kaufleute einen Kapitalstock zusammensetzen,
hier ist es nur ein Kapitalgeber. Nach wie vor haben wir einen Sozius Dormans, das ist der Kapitalgeber, der sich nicht vom Fleck bewegt,
und einen Kapitalführer, der Sozius Traktans. Er ist aber nicht mit eigenem Geld an dieser Handelsgesellschaft beteiligt.
Und genau wie bei der Wiederlegung werden Gewinn und Verlust eins zu eins geteilt. Soweit so gut.
Bis zum frühen 14. Jahrhundert, wir denken so 1260 bis 1320, so in dem Dreh, gibt es eine Reihe von Innovationen.
Die sind nicht enorme, aber die sind immerhin interessant. Zum einen, unser erster Begriff ist das Vorgeld.
Und hier investiert der Sozius Dormans, der sesshafte Kaufmann, zusätzliches Kapital in ein bereits bestehendes Unternehmen.
Und bei der Abrechnung kriegt er sein Geld eins zu eins zurück. Ich habe meinen Kapitalstock mit meinem Partner gegründet und ich lege einfach einen Hunderter drauf.
Wenn wir abrechnen, kriege ich erstmal meinen Hunderter wieder raus. Die Gesellschaftsanteile gehen dann an beide aus, was sie zusammengelegt haben,
und der Gewinn wird nach wie vor eins zu eins aufgeteilt. Parallel dazu entsteht, parallel zum Vorgeld, entsteht eine Führlegung an den Sozius Traktans.
Der ganze Unterschied hier scheint nur darin zu bestehen, dass die Gesellschaft vorher gar nicht existiert. Beim Vorgeld existiert die Gesellschaft,
ich lege einen Hunderter drauf. Hier lege ich meinem Sozius Traktans das Geld, damit er es mit mir zusammenlegen kann zu einer Wiederlegung.
Presenters
Zugänglich über
Offener Zugang
Dauer
01:22:17 Min
Aufnahmedatum
2009-11-13
Hochgeladen am
2017-07-20 15:40:50
Sprache
de-DE